The forgotten civil war in Myanmar and its impact on international relations!

Letztes Semester organisierten wir eine Präsentationsreihe von Studenten über Sicherheits- und außenpolitische Fallbeispiele in Ostasien. Dies vertiefen wir dieses Semester mit zwei Gastvorlesungen von PHD Kandidaten zum selben Themenkomplex. Die erste dieser Gastvorlesungen wurde von Lea Zuliani über den Myanmar-Bürgerkrieg gehalten. Frau Zuliani ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen an der Friedrich Schiller Universität Jena. Mit dem Myanmar-Konflikt und der dortigen chinesischen Einflussnahme hat sie sich bereits seit ihrem Master (International Organisations and Crisis Management) beschäftigt. Wiederholt publizierte sie seitdem zu den Patron-Klient-Beziehungen im Myanmar-Konflikt.

© HSG Jena

Zuliani begann mit einer generellen Einführung zum Land. Myanmar grenzt an die Volksrepublik China, Laos, Thailand, Indien und Bangladesh. Durch die Küsten am Andamanensee und den Golf von Bengalen ist das Land von geostrategischer Wichtigkeit, vor allem für China, da die Volksrepublik sich durch den QUAD bedroht fühlt. Im Land leben 55 Millionen Menschen. Die Myanmarische Regierung erkennt 135 verschiedene Ethnien an. Der Großteil der Bevölkerung ist Buddhistisch, wobei mehrere ethnische Minderheiten anderer Religionen angehören. Während die Mehrheit der Bevölkerung zur Barmar Ethnie gehört und diese in den Tälern des Irrawaddy Flusses leben, wohnen viele ethnische Minderheiten im bergigen Jungle. 

 

Vor der britischen Kolonisierung war die Fläche, die heutzutage zu Myanmar gehört, keineswegs ein geeintes Land. Das größte Königreich war Burma (von der ethnischen Barmar Gruppe abgeleitet) und als dieses und die umliegenden Reiche 1886 dem britischen Indien einverleibt wurden, herrschten die Briten mit einer "Divide and Rule” Strategie. Dabei marginalisierten sie die Bamar, während den ethnischen Minderheiten signifikante Rechte zugestanden bekamen und deswegen gewillt waren, die britische Herrschaft zu unterstützen. Zuliani sieht hierin den Katalysator der heutigen ethnischen Spannungen. Der Zweite Weltkrieg wurde zu einem Proxykrieg, wobei die Bamar die japanischen Imperialisten unterstützten, während die ethnischen Minderheiten die britische Herrschaft verteidigten. Mit dem Ende des Weltkriegs akzeptierte Großbritannien die Unabhängigkeit Myanmars. Der Anführer des pro-japanischen, bamarischen Widerstands, Aung San, versuchte, eine Einigung mit den ethnischen Minderheiten zu erzielen. Er starb jedoch durch ein Attentat, bevor dies vollzogen werden konnte. Somit erlangte Myanmar 1948 Unabhängigkeit, ohne dass der ethnische Konflikt gelöst worden wäre. Bereits 1949 geschah der erste ethnische Aufstand. Burma hatte zuerst eine demokratische Verfassung, entwickelte sich jedoch schnell zu einer Militärdiktatur. Dieser fehlte jedoch grundsätzlich Stabilität - wiederholt passierten Coups. Dazu kam, dass eine Reihe von Regionen sich nicht unter der Kontrolle der Armee befand, sondern von ethnischen Minderheiten selbst regiert wurde. Diese agieren mehr oder weniger wie souveräne Staaten, die sich manchmal im Konflikt, manchmal in Frieden mit der Militärregierung Burmas befinden. Beispiele von ethnischen Gruppierungen, die begannen, militärische und staatsähnliche Entitäten innerhalb Myanmars aufzubauen, beinhalteten die Karen, Kachin und Wa. 

 

Aufgrund eigener Interessen dient China in dem Konflikt seit Jahrzehnten als zentraler Patron. Aufgrund internationaler Sanktionen war die Militärregierung lange auf den Handel und die Waffenlieferungen Chinas angewiesen. China bekam im Gegenzug Rohstoffe sowie Zugang zum Golf von Bengalen. China unterstützt jedoch auch ethnische Minderheiten, die der Volksrepublik kulturell nahe stehen, aber Widerstand gegen die Burma Militärregierung leisten. Aufgrund dessen, sowie Angst vor zu starker Abhängigkeit, begann die Militärregierung einen Übergangsprozess, der 2008 in einer neuen, weniger autoritären Verfassung endete. Reformen führten zu mehr persönlichen Freiheiten und neuen internationalen Handelspartnern, wie Japan und Taiwan. Ein Waffenstillstandsabkommen wurde mit vielen ethnischen Minderheiten geschlossen. Da China jedoch weiterhin geostrategisches Interesse an Myanmar hatte, nutzte die Volksrepublik ihren Einfluss auf  manche Minderheiten, um den Friedensprozess zu blockieren. Gleichzeitig boten sie signifikante Zugeständnisse an. Als nach der Wahl 2015 die berühmte Friedensadvokatin Aung San Kyi Präsidentin wurde, entschied sie sich deswegen für eine erneute Annäherung mit China. Aufgrund den 25% der Sitze im Parlament, die dem Militär vorbehalten sind, konnte Aung San Kyi auch keine weiteren demokratischen Reformen anstoßen. Einer föderalen Lösung des ethnischen Konflikts stand sie aufgrund persönlicher Werte kritisch gegenüber. Der Rohingya Genozid wurde von ihr stillschweigend geduldet. In jeglicher Hinsicht wurde Aung San Kyi also den Erwartungen der westlichen Nationen nicht gerecht. Warum war dies der Fall? Zuliani lieferte mehrere komplementäre Erklärungsansätze. Der Westen hätte Aung San Kyis politische Einstellungen mutwillig falsch wahrgenommen und sich Heldenverehrung hingegeben, anstatt sich wirklich mit Aung San Kyis Politik zu beschäftigen. Dazu kamen eine äußerst effektive Zuckerrohr und Peitsche Strategie von China, und Aung San Kyis harter Pragmatismus. 

 

2021 kam es zu einem neuen Coup. Das Militär riss erneut vollkommene Kontrolle an sich und brach die Friedensverträge mit ethnischen Minderheiten. Diese begannen nun zum ersten Mal effektiv zu kooperieren. 2023 kam es zur Operation 1027 der Drei Bruderschaft Allianz. Das Kräftegleichgewicht verschiebt sich nach und nach zu den Missgunsten der Militärregierung, welche auf umso brutalere Taktiken setzt.

 

Zulianis Prognosen für die Zukunft sind grimmig. Eine effektive, stabile bundesstaatliche Lösung sei sehr unwahrscheinlich. Die Etablierung einer chinesischen Marionettenregierung ist möglich. Noch wahrscheinlicher sei, dass Myanmar zu einem Failed State wird, in dem Kriegsherren und ethnische Gruppen ihre eigenen, teils durch Drogen finanzierten Kleinstaaten etablieren und sich gegenseitig kontinuierlich bekriegen.